Cicchetti in Venedig
13. August 2018 | Landgänge
Zunächst dachte ich ja ehrlich gesagt, was die Venezianer bloß mit ihren „belegten Broten“, diesen Crostini, also Canapées, hätten. Heute weiß ich: Man muss sich darauf einlassen und Cicchetti wie die Tapas in Spanien bei einem Gang durch mehrere Weinstuben Venedigs genießen. Dann kommt man sehr schnell dahinter, was den besonderen Charme dieser herzhaften Kleinigkeiten ausmacht.
Es gibt sie noch in Venedig: die Bàcari, kleine Weinhandlungen und Weinstuben wie es sie wohl nur in der Lagunenstadt gibt. Hier gönnt sich der Venezianer ein Gläschen Wein, das „Ombra“ genannt wird, was so viel wie „Schatten“ heißt. Der Name hat sich aus Zeiten bewahrt, als der Wein noch direkt auf dem Markusplatz verkauft wurde. Die Weinhändler standen damals im Schatten des Campanile, des Glockenturms, damit der Wein kühl blieb. Also trinkt man noch heute zu Crostini und Cicchetti einen „Schatten“.
In den Bàcari geht es laut zu. Und um die Mittags- bzw. Abendzeit ist es voll. So voll, dass es schwierig ist, einen Blick auf die Auslage zu erhaschen. Hat man sich erfolgreich ein Tellerchen mit zwei, drei üppig und köstlich belegten Brotscheibchen und ein Glas Wein oder Apérol Spritz erobert, bleibt oft nur der Weg nach draußen. Dort sitzen die Gäste auf den Mäuerchen der Kanäle und genießen Cicchetti, Wein und Venedig.
Cantina Vecia Carbonera
Wir beginnen unseren Rundgang in der rustikalen Cantina Vecia Carbonera. Dunkle Holzvertäfelungen, schwarze Deckenbalken, jahrhundertealter Fußboden. Im hinteren Gastraum rustikale Tische mit Blick durch ein vergittertes Fenster auf Kanäle und Brücken. Ein langer Tresen mit Glasaufsatz und Tabletts voller verschiedenster Crostini, Weißbrotscheiben mit saftigen Aufstrichen oder Schinken, Salami und Käse belegt.
Wir entscheiden uns für Crostini mit Stockfischcreme (Baccalá mantecato), mit Thunfisch mit Gorgonzola-Lauch-Creme und mit roten Garnelen und Radicchio. Auf einer schmalen Bank sitzen wir an einem einfachen Holztisch gegenüber vom Tresen und beobachten das Treiben. Am liebsten würden wir uns noch weitere Varianten bestellen. Aber wir wollen ja noch weiterziehen.
Camin Storto
Nur ein paar Schritte weiter nehmen wir unsere zweite Runde im Camin Storto ein. Die Cichetti Mazzancole in Saor schmecken hervorragend. Süß-sauer eingelegte Garnelen mit Zwiebeln, Rosinen, Pinienkernen – ein Gedicht. Die „Garnelen-Spieße“ allerdings sehen zwar verlockend aus, entpuppen sich aber als Formfleisch. Kein Genuss. Schade.
La Cantina SNC
Unsere dritte Station begeistert uns. La Cantina SNC ist eine moderne Weinbar, hell und freundlich, und bietet Cicchetti auf hohem Niveau und von bester Qualität mit einer sehr guten Weinauswahl an. Wir entscheiden uns für Austern, Scampi Crudi und Cicchetti mit bunten Tomaten und Sardellen. Besonders letztere bestechen durch ein sagenhaftes Aroma. Hervorragende Tomaten, Basilikum, gutes Olivenöl, eine Sardelle. So einfach, so gut.
Zum Abschluss gönnen wir uns noch ein klitzekleines Scheibchen mit Käse und Marmelade von grünen Tomaten.
Jetzt weiß ich, warum die Venezianer ihre Cicchetti so lieben. Es ist eine wunderbare kulinarische Kultur. Von rustikal bis modern, von ganz, ganz einfach bis raffiniert und aufwändig. Hier findet man alles. Für mich steht fest, ich werde demnächst ein Cicchetti Essen zu Hause ausrichten. Zig verschieden Sorten habe ich vor meinem geistigen Auge, der Tisch soll sich biegen. Damit werde ich bestimmt „bella figura“ machen, oder?
Nicht schlecht, diese „belegten Brote“. Wir haben sie lieb gewonnen, genau wie Venedig!
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das Problem kenne ich. Aber es gibt so viele, schöne Cicchetti Möglichkeiten mit einfachsten Zutaten. Ich werde demnächst ein paar Rezepte dazu veröffentlichen. Wir haben sie erprobt und sie sind super lecker!
Liebe Grüße
Bettina