Captains Dinner Logo
to top
Trattoria Antiche Carampane in Venedig

Trattoria Antiche Carampane – abseits von Venedigs Hauptschlagader

22. August 2018 | Landgänge

Softshell Crabs empfahl uns der sehr freundliche Kellner in der Trattoria Antiche Carampane, also Krabben, die gerade ihren Panzer wechseln. Ich hatte davon gelesen, dass es diese Krabben, im venezianischen Dialekt Moeche genannt, in Venedig gäbe. Es kommt eher selten vor, dass wir etwas noch nie gegessen haben. Dies war eine Premiere. Und eine gelungene noch dazu!

Trattoria Antiche Carampane – abseits von Venedigs Hauptschlagader

In die Trattoria Antiche Carampane kommt man nicht zufällig, so steht es schon auf der Homepage. Es liegt abseits des Trubels und der ganz großen Touristenströme. Man muss wissen, wohin man möchte. Mein liebster Kapitän fand es – wieder einmal – aufgrund einer Lotsenempfehlung. Gemeinsam verbrachten wir den letzten Landgang vor meiner Heimreise im Juni dort.

Rotlichtviertel und Gourmetküche

Visitenkarte und Rechnung ziert das Logo der Antiche Carampane: Eine vollbusige Dame, die sich aus einem Fenster lehnt. Dazu muss man wissen, dass die Häuser der Rampani Familie im beginnenden 14. Jahrhundert mangels Erben an die Serenissima übergingen. Ein Teil dieser Gebäude befand sich in San Cassiano, zwischen den Sestiere Santa Croce und San Polo. Als knapp 100 Jahre später öffentliche Prostitution zu einem Ärgernis wurde, überstellte man sie kurzerhand in die von den Rampani übernommenen Häuser. Ca ‚Rampani bedeutet soviel wie „geschlossene Häuser“.

So wurde der Begriff „Carampane“ das Synonym für Prostituierte. Strenge Regeln von Peitschenhieben bis Prügelstrafe regelten das Leben der Prostituierten. Und tatsächlich standen die Damen mit entblößter Brust in den Fenstern der Häuser, um Kunden anzuziehen. Das erklärt, warum die Brücke, die Santa Croce mit San Polo verbindet, Ponte delle Tette genannt wird – und es erklärt dann auch das Logo der Trattoria.

Butterkrebse mit Haut und Haaren

Die Trattoria Antiche Carampane ist ein schönes Restaurant. Schon Besteck, Tischwäsche und hochwertige Gläser verraten, dass hier besonderer Wert auf Tischkultur gelegt wird. Drinnen ist es gemütlich, Bilder an den Wänden zeugen von der 35-jährigen Geschichte des Lokals. Draußen sitzt man ebenso angenehm an genauso schön gedeckten Tischen. Die Gasse ist ruhig genug, um sich von vorbeieilenden Passanten nicht gestört zu fühlen. Zur Begrüßung bekommen wir eine kleine Tüte aus braunem Packpapier gefüllt mit frittierten kleinen Garnelen. Ein guter Auftakt.

Nach einer gemischten Vorspeisenplatte und Muscheln warten wir mit Vorfreude auf die Krabben. Als sie mit Süßkartoffel-Chips, Polentawürfeln und Kräutern auf dem Tisch stehen, sagt mein liebster Kapitän: „Und nun? Wie ist man die jetzt?“ „Mit Haut und Haaren, würde ich sagen“, entgegne ich und fange direkt an, die leckeren Kerlchen zu vernaschen. Die Beine schön kross, der Körper saftig und äußerst schmackhaft. Ich schmecke Meer. Ein köstliches kulinarisches Erlebnis. Das würde ich immer wieder bestellen. Herrlich.

Das Antiche Carampane ist sicherlich preislich etwas gehobener, aber man kocht dort auch auf einem anderen Niveau. Die Speisen haben feine Aromen und Texturen. Allein der tomatige Sud der Muscheln würde als Süppchen auftreten können. Die Fischkroketten sind raffiniert gewürzt und alles etwas eleganter und ideenreicher angerichtet, als wir es in anderen venezianischen Restaurants gesehen haben. Chapeau!

Zum Abschluss ist ein Sgroppino Artico (Zitronen-Sorbet mit Vodka und Prosecco), verfeinert mit Muskatnuss, Pfeffer und Zitronenzesten, sehr zu empfehlen. Er ist das Sahnehäubchen nach diesen Hochgenüssen.

Humor hat man in der Trattoria Antiche Carampane auf jeden Fall auch. Am Eingang hängen Zettel mit der Aufschrift: „No Pizza, no Lasagne, no single Pasta… „ und „Links geht’s zum Bahnhof, rechts zur Rialto Brücke, alle anderen Auskünfte: Euro 2,50.“ Es muss anstrengend sein, das Leben in Venedig, aber auch wunderschön.

Kleine Warenkunde

Softshell Crabs werden in Deutschland Butterkrebse genannt. Es handelt sich um Krabben, die unmittelbar nach der Häutung gefangen werden. Der Panzer der Krabben wächst nicht mit, so dass die Tiere ihn abwerfen, wenn er ihnen „zu klein“ wird. Zu diesem Zeitpunkt sind die Krabben ganz weich. Sie werden im Ganzen gebraten und verzehrt. Das Fleisch schmeckt in diesem Zustand feiner als bei Krabben mit hartem Panzer. Butterkrebse gelten weltweit als Delikatesse.

Der Fang von Softshell Crabs ist zeitlich sehr begrenzt, da die Haut der Krabben sich im Wasser sofort wieder verfestigt. Schon nach drei Stunden ist sie dann bereits etwas ledrig und die Krabben werden zu so genannten „Paper Crabs“ oder „Buckrams“. In Europa kann man Softshell Crabs während des Sommers gelegentlich lebend auf Märkten finden. Ansonsten wird diese Delikatesse tiefgefroren gehandelt.

Hinterlass mir eine Nachricht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  1. Hallo,sehr schön geschrieben!!
    Am liebsten würde ich gleich losfahren….freue mich ,zufällig auf diesem Blog gelandet zu sein.

    1. Liebe Ulla,
      das freut mich sehr, vielen Dank für das Lob. Ja, wenn ich an Venedig ist und das Antiche Carampane denke, möchte ich tatsächlich auch am liebsten gleich abreisen…
      Viele Grüße
      Bettina

Süßkartoffel-Salat mit Kartoffeldressing, Äpfeln, Birnen, Chicoree und gebratener Chorizo 13. Januar 2021 | Hauptgerichte

Süsskartoffel-Salat mit Kartoffeldressing und Chorizo

Ein Kartoffelsalat von der Süßkartoffel: Äpfel und Birnen verleihen ihm fruchtige Frische, das Dressing auf Kartoffelbasis macht ihn samtig und ein paar feurige Scheiben Chorizo sorgen für das gewisse Etwas. Ein herrliches Winter-Essen!

Weiterlesen
6. Mai 2018 | Landgänge

Landgang Teneriffa: Markttag & Tapas

Eine kleine Auszeit! Ein Spaziergang. Ein Marktbesuch. Ein Lunch. Ein paar Besorgungen. Ein ganz „normaler“, kleiner Landgang. Drei Stunden mit dem Kapitän an Land in Santa Cruz de Tenerife:

Weiterlesen
Weihnachtsgebäck: Mohn-Ochsenaugen 3. Dezember 2017 | Süßes

Alle Kekse schon aufgegessen?
Mohn-Ochsenaugen

Habt Ihr das erste Advents-Kaffeetrinken des Jahres gut überstanden? Alle Plätzchen-Vorräte sind schon vertilgt? Die Rettung naht: Backt doch schnell ein paar Mohn-Ochsenaugen für das nächste Wochenende. Die sehen hübsch aus und können mit verschiedenen roten Gelees gefüllt werden, je nachdem, was ihr in Eurer Vorratskammer habt: Johannisbeer- oder Traubengelee zum Beispiel. Mein Favorit ist allerdings Holunderbeergelee!

Weiterlesen

Anmelden

Trage hier einfach deine Daten ein, damit Du über die neusten Beiträge benachrichtigt wirst.